Verteilungsfragen spiegeln stets bestimmte Vorstellungen von Gerechtigkeit wider. Diese können sehr unterschiedlich sein; im politischen Diskurs muss daher meist auch ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Vorstellungen von Gerechtigkeit gefunden werden. Eine von möglichst vielen Menschen als „gerecht“ empfundene Verteilung sichert den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft und die Legitimität des Sozialstaates. Solidarität ist dessen Grundlage und fördert das Gemeinwohl.

Verteilungsfragen können zwischen heutigen und künftigen Generationen, innerhalb der heute lebenden Generationen, zwischen Geschlechtern, Ethnien, Menschen verschiedener Herkunft oder Regionen betrachtet werden. Ebenso können Einkommen und Vermögen oder Zugang zu Ressourcen oder deren Verbrauch im Fokus stehen. Verteilungsfragen spielen auch in der Ökologie eine wichtige Rolle, weil unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen unterschiedlich stark von ökologischen Problemen betroffen sind und es verschiedenen Gruppen leichter oder schwerer fällt, individuelle Lösungen für ökologische Probleme zu finden.

Eine Gesellschaft mit absoluter Gleichverteilung von Vermögen und Einkommen ist nicht nur eine Illusion, sondern auch gar nicht wünschenswert. Allerdings darf Ungleichheit nicht extrem sein; Verteilungen sollten transparent und Ungleichheiten sollten durch unterschiedliche Leistungen begründbar sein. Deshalb ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die Herstellung einer gerechten Verteilung die Sicherung von Chancengleichheit für alle Mitglieder der Gesellschaft. In der Praxis wird diese vor allem durch ein entsprechendes Bildungssystem und durch die besondere Unterstützung von jungen Menschen erreicht, die in sozial benachteiligten familiären Verhältnissen aufwachsen.

Ökonomische Ungleichheit ist häufig auch mit unterschiedlichen Teilhabechancen verknüpft – im nationalen ebenso wie im globalen Kontext. Insofern spiegelt sich die Verteilung von Vermögen und Einkommen auch in der Bildung oder in der Teilhabe an demokratischen Prozessen und im Zugang zu Ressourcen wider. Höhere Einkommen beispielsweise korrelieren mit einem höheren Pro-Kopf-Verbrauch von Ressourcen.

Die aktuellen Veränderungen wie Digitalisierung, demographischer Wandel oder zunehmende Diversität haben Auswirkungen auf den Wohlfahrtsstaat und stellen die Verteilungsfrage neu. Insofern muss Gerechtigkeit im Diskurs und in demokratischen Aushandlungsprozessen unter den neuen Rahmenbedingungen neu definiert werden. Die konkrete Antwort wird in hohem Maße davon abhängig sein, welchem Aspekt der Verteilung besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Verteilung ist einerseits mit der Finanzierung und andererseits mit den Leistungen des Wohlfahrtsstaates verknüpft. Veränderungen in der Finanzierungsbasis (Steuer- und Abgabenreform, Steuer- bzw. Abgabenbasis – Arbeit, Ressourcen, Vermögen) sind dabei genauso wichtig wie die Prioritätensetzung auf der Ausgabenseite und die Organisation (wie kann eine bestimmte Aufgabe bestmöglich und bürgerfreundlich erledigt werden). Bestrebungen zu einer höheren Kostenwahrheit legen eine höhere Besteuerung des Ressourcenverbrauchs und eine Entlastung des Faktors Arbeit nahe.

Die Verteilungsfrage stellt sich – das spiegeln auch die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele wider – nicht zuletzt im globalen Kontext. Angesichts der prognostizierten unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklungen in verschiedenen Weltregionen ist die internationale Solidarität eine wichtige Dimension, die es zu berücksichtigen gilt.